Saturday
18.05.
16:53

"Einsam, krank, wahnsinnig. Isolation und Menschenflucht in der antiken Medizin"

Wissenschaftshistorisches Seminar - Griechische und lateinische medizinische Autoren der Antike betrachteten die Flucht in die Einsamkeit als zwingendes Zeichen einer psychischen Störung. Selbstgewählte Isolation wurde stark abwertend als „Misanthropie“ bezeichnet, ein Wort, das über den medizinischen Diskurs hinaus voller Bedeutung ist. Verkörpert wurde der Typus des Misanthropen durch die fiktive Figur des Timon von Athen, der sich seit der klassischen griechischen Komödie durch die europäische Literatur grantelt.Weiterlesen

Wissenschaftshistorisches Seminar - Griechische und lateinische medizinische Autoren der Antike betrachteten die Flucht in die Einsamkeit als zwingendes Zeichen einer psychischen Störung. Selbstgewählte Isolation wurde stark abwertend als „Misanthropie“ bezeichnet, ein Wort, das über den medizinischen Diskurs hinaus voller Bedeutung ist. Verkörpert wurde der Typus des Misanthropen durch die fiktive Figur des Timon von Athen, der sich seit der klassischen griechischen Komödie durch die europäische Literatur grantelt. Anders als für den modernen Shakespeare-Theatergänger oder -gängerin („Timon of Athens“), stellte die Menschenflucht des Misanthropen für die antiken Menschen ein zutiefst beunruhigendes und alarmierendes Verhalten dar.

Die Einbettung in soziale Gemeinschaft war in der griechischen wie römischen Kultur ein zentrales Merkmal einer gesunden Person, selbstgewählte Isolation eine nicht nachvollziehbare Abweichung. Um mit dem Unbehagen fertig zu werden, das dieses Verhalten auslöste, wurde es in verschiedenen Genres des Humors lächerlich gemacht, in der Philosophie moralisch verurteilt und in der Medizin zu einer melancholischen Erkrankung erklärt,. Diese verschiedenen Versuche der Eindämmung spiegeln sich in den medizinischen Werken der Epoche wider, so dass es unmöglich ist, das Konzept der Misanthropie in der antiken Medizin zu verstehen, ohne den kulturellen Kontext vollständig zu berücksichtigen.

Nadine Metzger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin und akademische Rätin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre Forschungssschwerpunkte befassen sich mit antiker und byzantinischer Medizin, Geisteskrankheiten und Dämonenglaube sowie Konstitutionslehre und Normabgrenzung des 19. und 20. Jahrhundert.

Es laden Sie herzlich ein: Prof. Dr. Rainer Godel, Prof. Dr. Dieter Hoffmann ML und Prof. Dr. Christina Brandt ML
 

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Rubriken:
Bildung, Lesungen und Vorträge
Lesesaal, Emil-Abderhalden-Str. 36
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